Ableger im Garten

Seit März 2020 gibt es Honigbienen auf der Streuobstwiese am Hollager Hof. Bei unseren regelmäßigen Kontrollen stellten wir fest, dass sich eines der beiden Bienenvölker zahlenmäßig sehr stark entwickelt, Weiselzellen vorhanden waren und die Gefahr des Schwärmens bestand. Deshalb entschlossen wir uns, einen Ableger zu bilden und das Volk damit zu entlasten.

Also entnahmen wir drei Brutwaben mit Weiselzellen samt den darauf sitzenden Pflegebienen, fügten noch ein paar “Hände voll” hinzu und setzten die Rahmen in einen kleinen Ablegerkasten.

Dann war es wichtig, einen gewissen Abstand zwischen Muttervolk und Ableger herzustellen, damit die Bienen nicht sofort wieder in ihren Mutter-Stock einfliegen konnten. Wir transportierten den Ablegerkasten erst einmal  ein paar huntert Meter weiter in unseren Garten.

Schnell war nach anfänglichen Bedenken geklärt, dass die neuen Gartengenossen dauerhaft bleiben sollten, aber sie durften niemanden verschrecken oder behindern. Am Rand der Terrasse mit Flugloch Ausrichtung nach Südosten und der Hauptflugrichtung “weg vom Haus” war bald ein idealer Platz ausgemacht.

Jetzt galt es, einen geeigneten Standplatz zu zimmern, auf dem eine neue Citybeute, die schon bestellt war, aufgestellt werden sollte. Wetterfestes Lärchenholz wurde zum Untergestell zusammengeschraubt, kurze Ständer aus 9x9cm Kanthölzern geschnitten und alles, auch die neue Bienenbeute, mit bienenfreundlicher Wetterschutzfarbe gestrichen. 

Das Beuten-Gestell fand seinen Platz – mit Betonfüßen an den Einschlaghülsen – in der Blumenrabatte. Nah genug an der Terrasse, um von dort die laufenden Kontrollarbeiten am Bienenvolk vornehmen zu können. 

Nachdem die Farbe getrocknet und der Beton ausgehärtet war, quartierten wir unsere Ablegerbienen in die Citybeute um. Natürlich bekamen sie jetzt ein paar Rahmen mit Mittelwänden und einen Drohnenrahmen dazu. Obwohl es zwischen dem vorübergehenden Standplatz der Ablegerbeute und der neuen Citybeute nur einen Abstand von etwa 1,5 Metern gab, stellten wir erstaunt fest, dass die Flugbienen stundenlang den alten Standort an flogen, bis sie merkten, dass es ein neues Zuhause gab. Einer weiteren Entwicklung stand nun nichts mehr im Wege. 

Das Ablegervolk war  ohne Königin eingezogen. Die brauchte es auf jeden Fall, denn ohne Königin kann kein Volk überleben. Das sollte aber kein Problem sein, denn es gab mehrere Weiselzellen, in denen eine junge Königin heran wuchs. Diese würde in den nächsten fünf bis sieben Tagen schlüpfen, nach weiteren zwei bis drei Tagen zum Hochzeitsflug starten und nach ihrer Rückkehr für das Brutgeschäft im Bienenstock sorgen. So dachten wir uns das und fuhren drei Tage später in unseren geplanten 14-tägigen Urlaub nach Süddeutschland.

Mit einem Wohnmobil waren wir in München auf Familienbesuch, erklommen in Garmisch die Zugspitze und verbrachten Zeit am Bodensee, alles bei ziemlich gutem Wetter. Dass der Wettergott das heimische Wetter schlechter gestaltet hatte, bekamen wir schon mit, als es wieder heimwärts ging.

Daheim angekommen suchten wir vergeblich nach einer jungen Königin, vergeblich war auch die Suche nach frischer Brut. Eigentlich hätte sie längst in Eilage sein müssen, aber wir räumten ein, dass es mit dem Hochzeitsflug vielleicht nicht sofort geklappt hat, weil das Wetter so schlecht war oder eine junge Königin nicht sofort 2000 Eier täglich in die Wabenzellen legt und mit deutlich weniger beginnt. Die kann man dann schon mal leicht übersehen. Oder sie ist beim Hochzeitsflug von einem Vogel gefressen worden, oder… oder! Es gibt eben viele Möglichkeiten.

Nach weiteren 10 Tage endlich entdeckten wir bei genauem Hinsehen Stifte, d.h. ganz frische Eier am Boden diverser Zellen. Leider nicht mittig abgelegt, wie es eine Königin macht, sondern am Rand des Zellenbodens oder auch mal zwei Stifte in einer Zelle. Kein gutes Zeichen. Wir ahnten Ungemach.

Wenn ein Bienenvolk keine Königin mehr hat und auch keine ganz frische befruchtete Brut, aus der es eine neue Königin ziehen kann, dann dauert es meist nicht lange, bis sich eine oder mehrere Arbeitsbienen “zur Königin erklären”. Sie legen unbefruchtete Eier, aus denen aber nur Drohnen, also männliche Bienen schlüpfen können. 

Alle weiblichen Bienen können Eier legen, werden aber durch die Pheromone, die eine befruchtete Königin ständig im Stock verbreitet, daran gehindert. Ist ein Bienenvolk Weisellos, also ohne Bienenkönigin, dann kommt es zur Eiablage durch unbefruchtete Arbeitsbienen. Die übrigen Arbeitsbienen behandeln diese “Afterweiseln” oder auch “Drohnenmütterchen” wie eine Königin, füttern und verteidigen sie. Da die Afterweiseln einen kürzeren Hinterleib haben als befruchtete Königinnen, legen sie ihre Eier nicht so korrekt ab wie diese. 

Wir ahnten schon, dass unser Volk drohnenbrütig werden würde und die Gewissheit hatten wir, als wir die verdeckelte “Buckelbrut” sahen. Verdeckelte Brutzellen sind normalerweise ziemlich glatt, aber Zellen, in denen die etwas größeren männlichen Drohnen heranwachsen, werden von den Bienen mit einem stark gewölbten Deckel verschlossen, man nennt sie deshalb auch Buckelbrut. 

Von diesem Moment war es klar. Unser Völkchen war buckelbrütig. Wenn das so weiter gehen würde, dann wäre es das Ende, denn Drohnen haben als einzige Aufgabe die Befruchtung einer  neuen Königin. Danach sterben sie sofort.  Ansonsten sammeln sie keinen Nektar, keinen Pollen, können sich nicht verteidigen und betteln laufend um Futter. Das kann einfach nicht gut gehen.

Also riefen wir unseren Imkerpaten um Hilfe. Dessen Rat befolgten wir umgehend und erzählen davon in einem Folgebeitrag.