Als wir im Spätherbst 2016 mal wieder ein paar Tage auf der Nordseeinsel Borkum verbrachten, gab es neben Sonne, salzhaltiger Luft, Sand und frischem Wind auch eine Inspiration. Beim abendlichen Bummel auf der Promenade fiel mir im Schaufenster einer Galerie ein Exponat auf, bei dem sich Pinguine auf einem Bootsdeck versammelt hatten, den Blick, bzw. den Schnabel gemeinsam auf einen unsichtbaren Punkt der Hoffnung gerichtet. Das Kunstwerk trug den Namen „Wir halten zusammen“. Der Name der Künstlerin ist mir leider entfallen, ich erinnere nur, dass eine Frau dessen Schöpferin war.
Wohl wissend, dass „alle in einem Boot“ thematisch bereits vielfach aufgegriffen wurde und insbesondere mit Blick auf die Flüchtlingssituation im Mittelmeer häufig gebraucht wird, verfestigte sich der Borkumer Eindruck in meinem Kopf. Ich plante, einen Bootskörper aus Holz zu fertigen und meine Pinguine an Bord zu bringen.
Bis sich der Gedanke in Taten umsetzen ließ, dauerte es noch. Ein erster Ansatz bot sich Ende 2018. Auf unserem Grundstück in Sutthausen gab es damals an dessen Ende eine riesige Kiefer und zwei große Birken. Die Bäume hatten Ausmaße erreicht, die Zweifel an ihrer dauerhaften Standsicherheit, insbesondere bei stürmischem Wetter, aufkommen ließen. Bei Windbruch würden sie vermutlich auch auf die Nachbargrundstücke fallen.
Wir beauftragten einen Baumkletterer, der die Bäume fällen sollte. Der schnitt die Stämme meterweise von oben nach unten herunter. Vereinbarungsgemäß entsorgte er die Kronen und das Astwerk. Das Stammholz sägten und spaltete wir selbst zu Kaminholz. Von den Birkenstämmen sicherte ich mir für mein Projekt mit den Pinguinen ein Stück von 80 cm Länge und mit einem Durchmesser von ca. 50 cm. Daraus wollte ich den Bootskörper für mein Projekt „alle in einem Boot“, zurecht sägen. Das Holz war im Dezember 2018 allerdings noch ziemlich nass und mußte erst noch trocknen. Deshalb verbrachte der Stamm seine Zeit bis zum Frühjahr 2021 unter dem Vordach unseres Gartenhäuschens in Wallenhorst.
Ende April, im 2. CORONA-Jahr 2021 bewaffnete ich mich mit meiner Kettensäge und schnitt aus dem Birkenstamm einen Bootskörper, die Corona-Arche. Aufgesetzt auf einen schweren eisernen Blumenständer machte der Schiffsrumpf einen soliden Eindruck. Jetzt musste nur noch die Besatzung an Bord gehen. Die Besatzung sollte aber aus neuen Leuten bestehen und ich erinnerte mich an die Zeit in Linne und die damalige Pinguin-Manufaktur.
Also kam die Lehmfigur wieder ins Spiel. Sie wurde mit einer neutralen Handcreme als Trennmittel eingerieben und abermals mit 7 Schichten Latexmilch bestrichen. Nach Durchtrocknung des Latex ließ sich eine passable Gussform abziehen. Trotz des Trennmittels hat das Latex einige Mikrometer der Bemalung vom Original-Pinguin abgenommen, so dass er danach leider eine minimale, aber vornehme Blässe an den Tag legte. Ein wenig Schwund ist immer.
Corona bedingt hatten alle Baumärkte geschlossen, aber ich konnte mir 5 kg Modellgips nach Terminvereinbarung herausgeben lassen. Hätte ich selbst wählen dürfen, hätte ich eine härtere Sorte genommen; so musste ich mit Modellgips von Knauf zufrieden sein.
Aus dem vorhandenen Material ließen sich 27 weitere Figuren gießen. Nach der Durchtrocknung, die im Backofen stattfand, erhielten die Rohlinge zunächst einen Anstrich mit Tiefengrund und dann ein Finish mit einer seidenmatten Wandfarbe.
Die dann folgende Bemalung der Figuren war abgestimmt auf den Einsatzzweck an Deck der Corona-Arche. Es gibt ein Souverän, der fünf Pinguinen die Beschränkungen infolge der Coronaregeln erklärt. Einer der zuhörenden Pinguine wird abgelenkt durch drei infizierte bzw. genesene Corona-Patienten. Diese sind ziemlich farblos und haben diverse Blessuren. Sie haben Impfpersonal an ihrer Seite, schauen aber auch realitätsnah dem Tod ins Auge. Am Bug der Arche warten drei feierfreudige-Pinguine in Badekleidung. Sie sind schon wieder auf Kreuzfahrt und fiebern ihrem Urlaub oder der EM entgegen. Ob sie infiziert, getestet oder geimpft sind, wer kann das schon mit Sicherheit beantworten.
Das Ensemble steht jetzt bei uns im Erkerfenster in der Sonne und erinnert uns täglich daran, dass wir alle – und insbesondere auch in dieser Zeit – im selben Boot unterwegs sind.